Erfahrungsbericht von A. Brückner

Was für eine Reise! Vier Wochen Kanada, ständig unterwegs, ständig Neues gesehen. Ich bin immer noch voller Eindrücke, weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Ansonsten kann ich nur sagen, dass wir unsere nächste Fernreise gerne wieder bei Ihnen buchen werden und Ihr Reisebüro gerne weiter empfehlen.

Küste, Stadt, Wald – Kanada 2017
Was für eine Reise! Vier Wochen Kanada, ständig unterwegs, ständig Neues gesehen. Ich bin immer noch voller Eindrücke, weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Also beginne ich am Anfang. Ankunft in St.John's nach über 20 Stunden Reise. Das Flughafenhotel am Vorabend in Frankfurt, die beste Idee den Urlaub zu starten, ist schon so weit weg. St.John's, Stadt vieler bunter Häuser. Jedes in einer anderen Farbe gestrichen. Die Stadt begrüßt uns mit strahlend warmem Wetter. Das erste Bier ein CANADIAN, das ist Ehrensache. Unser erster Ausflug führt nach Signal Hill, dem östlichsten Punkt Kanadas, hier kamen die ersten Morsezeichen aus Europa an, hier wurde der Titanic-Notruf empfangen. Blick auf die Bucht von St. John's, atemberaubend. Wunderschön klares Wetter, ein großer Naturhafen mit einer engen Einfahrt. Die Kanonen auf Signal Hill werden manch ungebetenen Gast draußen gelassen haben. 

Den zweiten Tag starten wir mit einer Tour zur Tierbeobachtung. Das Boot steuert erst mal einen Felsen außerhalb der Bucht an. Etwas unscheinbar, meint man, bis man das Geschrei von über einer Million Vögeln hört: Möwen, klar, aber auch Lummen und vor allem jede Menge Papageientaucher, die hier Puffins heißen. Possierliche kleine Tierchen, die mit ihren bunten Schnäbeln auf den Felsen sitzen. Im Landeanflug strecken sie alle Viere von sich und laufen dann aus. Herrlich! Wir können uns gar nicht satt sehen. Das Schiff dreht ab und die Tiere, die wir sehen, werden größer: Wale. In majestätischer Größe ziehen sie an unserem Schiff vorbei, pusten eine Luft-Wasser-Fontäne und erheben hoheitsvoll ihren Rücken. Eine Schwanzflosse kriegen wir nicht wirklich zu sehen. Es ist trotzdem sehr anmutig. So große Wildtiere, die man niemals im Zoo zu sehen kriegt.

Abends treffen wir Wendolyn, mit ihr habe ich vor 15 Jahren in Toronto zusammen gelebt und gearbeitet. Vor dem Treffen bin ich ein bisschen aufgeregt. Aber es läuft gut. Wir haben uns tatsächlich noch was zu sagen, auch wenn das Gespräch nicht unendlich in die Tiefe geht. Man hat ja auch nur einen Abend Zeit, da will man an die Wunden nicht rühren. 

Und dann verlassen wir St.John's auch schon. Sind unterwegs, wie wir es auf dieser Reise so oft sein werden. Ziel unserer Tagesetappe ist Trinity / Port Rexton. Kurz vor der Stadt soll es einen beeindruckenden Wanderweg geben: Skerwink Trail = 5 Kilometer. Das schafft man doch in einer, maximal anderthalb Stunden, denken wir und ziehen los. Direkt an der ersten Ecke (o.k., die zweite, die erste Ecke war das Klohäuschen, das zählt nicht....) sehen wir unseren ersten Eisberg. Groß und weiß liegt er in der Bucht. Wir taufen ihn „Wal“, weil er ein bisschen aussieht wie einer dieser Zeichentrick-Wale. Außerdem sehen wir Wale, fast eine Schwanzflosse. Und kristallklares, tief dunkelblaues Wasser unterhalb der steilen Felswände. Atemberaubende Aussichten an jeder Ecke. Wir brauchen über 2,5 Stunden. Man muss ja immer wieder gucken, ob der Wal weiter gezogen ist und ob der Eisberg noch da ist. 

Das Hotel ist ein Traum: „Fisher's Loft Inn“. Viele in den Hang gebaute Häuschen, jedes Zimmer hat seine eigene Haustüre. Ein eigenes Häuschen für das Restaurant. Das Drei-Gang-Menü ist köstlich, den Wein trinken wir auf der Terrasse aus, mit Blick über die Bucht. Grüne Wiesen, die Häuser verstreut dazwischen, jede Menge Lupinen. Steile Ufer und sanfte Strände im goldenen Licht der untergehenden Sonne. Die Landschaft hier hat etwas Skandinavisches.

Wir tun uns schwer diesen wunderschönen Ort zu verlassen. Der Zwischenstopp des Tages ist anders schön. Das Wetter hat gewechselt, ist jetzt trüber. Wir stoppen im Terra Nova National Park und gehen die beliebteste Wanderung. Ein Weg an der Küste entlang. Uns begegnen sechs Leute. Der Weg geht durch den Wald, aber direkt an der Küste entlang. Immer wieder laufen wir über Strand. Die Tannen und die Wildrosen haben ihre Wurzeln quasi im Fjord. Wir picknicken auf einer Sandbank, die von drei Seiten von Wasser umgeben ist. Ruhe, totale Einsamkeit und dazu ein herrlicher Whisky, den Daniel schon die ganze Wanderung über mitschleppt. 

Eigentlich fahren wir den Trans-Canada-Highway, der uns einmal quer über die ganze Insel bringt. Jetzt haben wir den Weg aber verlassen, um in Twilingate Eisberge zu gucken. Eine Bootstour bringt uns raus in die Bucht. Und da liegt er, groß und majestätisch. Wie eine Kathedrale des Meeres. Weiß, Meer und Himmel werden grau daneben. Und riesig, einfach riesig. Unser gar nicht so kleines Boot wirkt mickrig dagegen. Außerdem macht er Krach, was ich auch nicht gedacht hätte. Also nicht der Eisberg selber, aber die Wellen, die sich an ihm brechen. Wir sind und bleiben tief beeindruckt. Ein Gigant liegt im Meer. Wie groß er ist, wird erst klar, wenn man ihm näher kommt. Wenn man dann noch bedenkt, dass höchsten 10% aus dem Wasser gucken... Wir werden unseren Eisberg noch ein paar Mal wieder sehen, von Land aus, bei unseren Spaziergängen rund um den Ort. Schon surreal, wir stehen im T-Shirt an Land und blicken auf einen Eisberg. Wobei jetzt, aus der Entfernung, sieht man auch, dass er ein bisschen schwitzt. Darauf ein „Iceberg“, das lokale Bier, mit Eisbergwasser gebraut. Das ist vor allem ein Werbegag, geschmacklich hat das Bier nicht viel. 

Der nächste Tag ist ein Fahr-Tag. Mittags Burger und Pommes für die Mittelkonsole, aus einem Road-Stop, der aussieht, als wäre in den 50er Jahren die Zeit stehen geblieben. Von Twilingate zurück auf den Trans-Canada-Highway und dann ganz ans andere Ende von Neufundland, zum Gros Morne National Park. Bei der Ankunft wollen wir uns zunächst im Visitors Centre informieren. Das liegt nur 40 km vom Eingang entfernt. Wohlgemerkt, in die unserem Campingplatz entgegengesetzte Richtung. Aber unser Campground ist traumhaft. Eine in den Wald geschlagene Lichtung, Feuerstelle, Picknickbank, von unseren Nachbarn nichts zu sehen. Nach so viel Fahren passiert nicht mehr viel. Daniel grillt noch unser Lachssteak, dazu gibt es für jeden eine Süßkartoffel aus dem Feuer.

Unsere erste Wanderung führt uns in die Tablelands, die nur in der Form etwas mit anderen Tafelbergen der Welt gemeinsam haben. Vor allem bestehen die Tablelands aus Gestein des Erdinneren. Dieses ist irgendwann unter dem Grund eines Ozeans erkaltet und wurde dann durch die Plattentektonik umgedreht, so dass die Unterseite jetzt nach oben zeigt. Die Landschaft ist unwirklich, rötlich, rostig ragen die Berge in die Landschaft. Quasi keine Pflanzen. Das beißt sich mit den gut bewaldeten Hängen auf der anderen Straßenseite. In den Tablelands wächst nichts, der Stein ist giftig, Eisen, Schwermetalle, lauter giftiges Zeug. Eine unwirkliche Landschaft. Life on Mars.

Nachmittags schlagen wir die andere Richtung ein und wandern durch die Küstenwälder bis zum St.Lorenz Golf. Hier sehen wir unseren ersten Elch. Er grast ein bisschen, bevor er uns sein Hinterteil zuwendet. Am Golf sind oberhalb der Steilklippen und des schwarzen Strandes verwehte Bäume, Wiesen, hohe Farne, Green Gardens eben, die diesem Weg den Namen geben. 

Western Brook Pond. Hier sind die Dimensionen andere. Wir fahren zwei Stunden, um am anderen Ende des Nationalparks eine Bootstour zu machen. Aber die ist es wert. Quasi ein Süßwasser-Fjord. 800 Meter steile Wände fallen in den See. Grün mit Nadelwald, so dicht, dass hier vermutlich nie ein Mensch seinen Fuß hingesetzt hat. Am Ende ist ein kleiner Strand, hier könnte man anlanden. Auch hier sind wir beeindruckt. Wie überall im Park: überdimensionierte Natur. 

Und dann ist auch schon unser letzter Tag in Neufundland. Wir machen noch eine Wanderung, die uns noch einmal auf alle Seiten des Parks gucken lässt. Dann noch ein letztes Fisch-Mittagessen in dem kleinen Städtchen Trout River. Ein einziges Mal während unserer Reise stecken wir die Füße ins Meer. Daniel behält die Socken an, damit das Meer nicht so beißt. Und dann stehen wir auch schon wieder an der Tankstelle. Auto aufräumen, volltanken und wir sitzen im Flieger zurück nach Toronto.

Toronto. Meine alten Freunde Joe und Michelle holen uns vom Flughafen ab. Wir verbringen die Nacht bei ihnen. Ein großartiger Abend. Wir reden viel, über Vergangenes und Zukünftiges. Aber auch über Politik. Joe fürchtet, dass Martin Schulz eine zweite Marine Le Pen ist. Wir können ihn beruhigen. Es wird unendlich viel gelacht, eine wunderbar gelöste Stimmung. Nach nur zweieinhalb Stunden, vielen Geschichten und vier Gläsern Wein sowie einem großzügigen Whisky gehe ich durchaus beschwipst ins Bett. 

Der nächste Tag ist häuslich, Joe fährt uns in die Stadt. Wir besuchen Romero House, die Flüchtlingshilfe, für die ich damals gearbeitet habe. Ich zeige Daniel die Nachbarschaft, die mein Zuhause war. Ansonsten vergeht der Tag damit, dass wir unser Appartement, eine Schuhschachtel von einer Wohnung, suchen, Wäsche waschen....

Aber dann soll es los gehen. Endlich die Stadt erobern. Auf dem Weg nur noch mal schnell bei den alten Nachbarn schellen. Und schon ändern sich unsere Tagespläne. Grace und Tony nehmen uns mit auf ihr Boot, das am Lake Ontario liegt. Auf dem Weg halten wir noch beim Chinesischen Supermarkt, holen Takeaway, was man auch auf Chinesisch bestellen könnte, die englische Erklärung ist eh nichtssagend. Daniel ist völlig begeistert von dem Laden. (Ich muss ihn suchen, als wir gehen wollen.) Jede Menge Lebensmittel, die man so noch nicht gesehen hat. Und frischer Fisch heißt hier, dass das lebende Tier aus dem Aquarium gefischt wird und dann den Hals umgedreht kriegt. 

Den Rest des Vormittags verbringen wir easy. Wir essen chinesisches Takeaway auf dem Boot, sitzen in der Sonne und trinken Wein. Ein relaxter Vormittag. Nur aus rausfahren wird nichts. Zum einen braucht das Boot drei sichere Segler und zum anderen hat Lake Ontario, immerhin 36 Mal so groß, wie der Bodensee, 1,5 Meter Hochwasser. Was muss es hier geregnet haben, dass dieser Teich so viel Hochwasser hat! 

Grace und Tony lassen uns auf dem Rückweg in Downtown raus. Jetzt beginnt unser Stadtbummel doch. Wir schlendern durch Kensington, nach wie vor mein Lieblingsstadtteil. Hier kann man auch einfach mal ´ne Viertelstunde sitzen und skurrile Leute gucken. Sei es der Rastafari, der aussieht, als käme er direkt aus „Pirates of the Caribbean“ oder die Frau, die im perfekten 50ies Look die Straße hinab schlendert. Wir trinken einen fermentierten Tee, hier das neueste In-Getränk und schauen. Dann geht es weiter nach Chinatown, direkt nebenan. Wir bestaunen die Schaufenster der Restaurants, in denen die fertigen Pekingenten hängen, getrockneter Fisch und exotische Früchte türmen sich in Körben. Was die Früchte sind, kriegen wir leider nicht raus, die Beschriftung erfolgt nur in Chinesisch. Aber wir trinken einen frisch gepressten Zuckerrohrsaft. Der ist süß, ja, hat aber auch eine kleine fruchtige Note, ein bisschen wie der französische Rohrzucker. 

Dann Queensstreet mit seinen verrückten Läden und Youngstreet runter. Ich suche noch einen Roman von Robertson Davis, stattdessen kauft Daniel ein Buch über Brot. 

Der Dundas Square hat was vom Times Square. Große Neonreklamen. Ein Künstler besprüht ein Auto, irgendeine Band gibt ein Konzert, auf der anderen Seite wird für Tierschutz und Veganismus protestiert, ein Typ führt seine Schlange Gassi. Und dann natürlich die großen Konsumtempel: Eaton Center und The Bay. Aber wir sind zu müde für einen ernsthaften Shoppingtrip, auch wenn das hier jenseits von 22 Uhr noch gut möglich wäre. 

Der nächste Tag ist dann erst mal dem Essen gewidmet. Wir besuchen St.Lawrence Market, Torontos größte Markhalle. An Fisch und Fleisch gibt es alles, was man sich denken kann. Wir probieren verschiedene Steaksaucen auf Senfbasis. Aber auch Salsa Saucen, mit Mango, mit Rauch, die mit extra viel Chili probiere ich erst gar nicht. Wir nehmen die geräucherte mit, wobei das Raucharoma durch ein panamesisches Gewürz hervorgerufen wird. Wir nehmen auch das mit. 

Den Nachmittag verbummeln wir an der Habour Front. Eigentlich wollten wir nach Toronto Island, aber die ist wegen Überflutung noch ein paar Tage geschlossen. Gegen Abend wechseln wir nach Little Italy auf College Street. Nicht mehr allzu italienisch, aber trotzdem ein interessantes Viertel. Den Abschluss des Tages bildet die Henderson Brauerei bei uns im Viertel, man sitzt in der Brauerei mitten zwischen den Kesseln und es gibt das erste vernünftige Bier in Kanada. 

An unserem letzten Tag in der Stadt müssen wir noch schnell die wichtigsten Highlights abklappern. Also erst mal auf den CN-Tower. Ein Zahnstocher mit Donut drauf, sagen die Einheimischen. Wir gucken über die Stadt und stehen auf dem Glasboden. Dass das hier ein Touristenmagnet ist, merkt man an der Masse der Leute. Danach soll es direkt weiter gehen zur Art Gallery of Ontario, aber uns plagt ein kleiner Hunger. Also kehren wir gegenüber beim Koreaner auf einen Hot Pot ein. Darin wird das Gemüse quasi roh serviert, die Steinschale, in der es liegt, ist dafür glühend heiß, gegart wird der Inhalt dann dadurch, dass man ihn an den Rand des heißen Pots schiebt. 

Dann gucken wir aber in der Art Gallery doch die Bilder der „Group of Seven“, Vorbereitung auf den Algonquin Park, in dem die Bilder gemalt wurden.

Und dann lassen wir diese quirlige, verrückte Stadt hinter uns. Brechen auf zu einem großen Fahrtag. Zuerst runter zu den Niagara Fällen. Die sind als Naturschauspiel beeindruckend. Das Städtchen Niagara on the Falls ist auch beeindruckend, aber mehr wegen des Disney–Geisterbahn–Effekts. Danach geht es wieder zurück, über Toronto hinaus zu Mary Jos Cottage. 

Wir kommen an im Dunkeln, es hilft, dass ich das Cottage kenne und weiß, dass das hier der Drive Way ist. Wir biegen um die Ecke und werden begrüßt von einem Garten voller Lampion-Monde. Ein Anblick, wie in einem Märchenland. 

Am nächsten Morgen gehen wir paddeln. Ontario at its best. Ein glasklarer See, wir sehen Fische und sogar eine kleine Wasserschildkröte. Drum herum hohe Bäume, die ihren Schatten auf den See werfen. Eine warme, harmonische Landschaft. Anders als das karge Neufundland. 

Am späten Nachmittag fahren wir dann weiter zum Nationalpark. Algonquin begrüßt uns mit Mücken, die leider auch eine beständige Plage bleiben werden. Auch dieser Zeltplatz liegt im Wald, für sich. Dieses Mal unter hohen Bäumen. Nicht ganz so abgeschieden. Dafür herrscht hier Bären-Alarm. Allein drei Bären-Sichtungen auf dem Campingplatz diese Woche. Wir halten uns sofort an alle Spielregeln. Nichts, was riecht liegen lassen, nichts mit ins Zelt nehmen. Keine Zahnbürste, kein Mückenspray. Es heißt, die Bären könnten sogar durch geschlossene Dosen riechen. Wir verbrennen sogar unser Spülwasser. 

Der erste Morgen begrüßt uns mit einem verdächtigen Reifen. Das wird unser Abenteuer für den Vormittag. Erste Erkenntnis: der Wagen parkt nicht in einer Delle, der Reifen ist wirklich platt. Dann das Not-Rad aufziehen und zur Campingplatz-Verwaltung. Wir haben im Park kein Netz und kanadische Telefonzellen funktionieren nicht mit deutschen Kreditkarten. Es folgt eine Odyssee am Telefon. Allein mit dem Kanadischen Automobilclub sprechen ich fast 45 Minuten. In einer Stunde soll der Mechaniker da sein. Na, das kann ja heiter werden! Als der Typ dann auftaucht, geht die Sache ganz schnell. Wir haben uns einen Nagel rein gefahren, den zieht er wieder raus, verstopft das Loch, Luft drauf, Reifen wieder montiert, 22$, fertig. Das alles nur 3 Kilometer außerhalb des Parks. Damit hatten wir nicht gerechnet. Da bleibt noch Zeit für eine Fahrradtour am Nachmittag über eine der alten Bahntrassen. Inzwischen hat es geregnet. Wir sehen aus wie die Schweine. 

Lake Canoe. Einen Tag paddeln. Am Seeufer ist die Cottage-Dichte relativ hoch. Aber dann fahren wir in einen Creek und sind allein. Um uns herum nur die Natur, Fischreiher, Enten, Vögel und verschiedene Arten von Seerosen. Am Ufer die von Tom Thomson so oft gemalten toten Bäume. Man kann verstehen, warum das hier einer seiner Lieblingsorte war. Zum Mittagessen landen wir an und machen auf dem Kocher Makkaroni and Cheese. Leider ist hier auch sehr viel Wildnis in Form von Mücken. Der Aufenthalt wird nicht ganz so romantisch. Auch ist es inzwischen nicht mehr so warm und sonnig.

Der nächste Tag führt uns auf eine Wanderung. Auch hier wieder Tom Thomson-Land. Seerosen-Teiche vor Wäldern, aus denen Totholz herausragt. Leider regnet es die ganze Zeit, und vor allem grollt ein Donner dauernd um uns herum. Wir haben ständig das Gefühl, das Gewitter könnte gleich über uns sein. Also gehen wir die 11 Kilometer in einem durch. 

Mit diesem Gewitter kippt dann das Wetter endgültig. Die Nacht über regnet es. Eigentlich wollten wir den Tag noch im Park verbringen. Wir lassen es. Fahren stattdessen zurück in die Stadt. 

Daniel hat sich Toronto Island gewünscht. Also fahren wir raus und bestaunen die Skyline, aber auch die neuen „Mangroven“: Die Uferpromenade der Insel steht immer noch hoch unter Wasser. Es sind auch noch nicht alle Sandsäcke weggeräumt. 

Unser letzter Abend ist ein Erlebnis, allerdings nicht der romantischen Art. Wir sitzen statt bei Kerzenschein im Licht von Neonröhren in einem Restaurant in China Town. Unser Tisch ist einer von dreien, an dem nicht-asiatische Gäste sitzen. Um uns herum lautstarke Gespräche auf Chinesisch (?), die Kellner können nur sehr schlecht Englisch. Wir schaffen es trotzdem eine Peking-Ente zu bestellen. Diese wird in zwei Teilen serviert. Zunächst die Brust mit Haut. Der Rest der Ente macht den Eindruck, als wäre er nur grob zerhackt worden. Alles mundgerechte Stücke, aber alle noch mit Knochen drin. 

Und dann ist unsere gemeinsame Zeit auch schon vorbei. Daniel fliegt alleine zurück. Ich bleibe noch ein paar Tage, um Leute zu treffen und alte Orte wiederzusehen. Wir verabschieden uns am Flughafen.

Für mich beginnt jetzt der Spinn-off. Ich bummele noch mal durch Kensington und lasse mich von dem verrückten Rastafari mit Sheabutter einschmieren. Dann noch ein bisschen Duftöl für good vibrations und ich darf wieder gehen. Ich bewundere tolle Abendkleider auf Queenstreet, bin aber nicht bereit, dafür über 400$ auszugeben. Das indische Viertel enttäuscht etwas. Als ich vor 15 Jahren da war, war es ein vibrierend-pulsierender Bienenstock. Jetzt wirkt alles ziemlich verschlafen. The Junktion ist dafür zu einem aufregenden neuen Viertel geworden. 

Außerdem treffe ich Leute. Mary Jo, die Leiterin von Romero House, kommt zum Abendessen. Es ist immer wieder faszinierend, wie viel Güte sie ausstrahlt. Aber vielleicht sollte sie mit über 70 die Shoppigtouren nachts um 4 Uhr zum Großmarkt mal anderen überlassen. Joe lädt mich am letzten morgen noch einmal zum Brunch ein. Sektfrühstück ist hier unüblich, aber es gibt jede Menge Wein, so dass ich durchaus „einen im Tee habe“, als ich am Flughafen ankomme. 

Und dann ist es endgültig vorbei. All die Straßen und Wege, all die Menschen, die mir so vertraut sind, all die faszinierende Natur, die wir gesehen haben. Sie alle liegen jetzt wieder am anderen Ende der Welt. So weit weg – und in meinem Herzen doch so nah.

Anna Brückner

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